Milton H. Erikson
In der etwa 200jährigen Geschichte der Hypnose (seit Franz Anton Mesmer) stellt der hypnotherapeutische Ansatz von Milton H. Erickson eine bedeutende Zäsur dar (als zeitliche Markierung kann das Buch von Jay Haley zu Ericksons Arbeiten von 1967 gelten) 1). Während vor Erickson eine "äußere" Kraft postuliert wurde, mit der der Patient beeinflußt wurde - sei es der Magnetismus oder später die (scheinbare) hypnotische Kraft des Hypnotiseurs - , arbeitet Erickson (weitestgehend) mit den "Kräften" im Patienten, nämlich dessen persönlichen Ressourcen. Gelingt es, dem Patienten den Zugang zu seinen - oft emotionalen - Ressourcen zu ermöglichen, können diese im Sinne eines therapeutischen Ziels genutzt (utilisiert) werden. Es fällt allerdings schwer, den therapeutischen Stil Ericksons präzise zu bestimmen - sein therapeutisches Programm läßt sich am besten als ungewöhnliche Kreativität charakterisieren, mit der er auf den individuellen Patienten eingeht und sein Vorgehen diesem individuellen Patienten anpasst.
Dabei verläßt Erickson häufig auch den Bereich der Hypnosetherapie und arbeitet etwa mit paradoxen Interventionen wie der Symptomverschreibung. Da Ericksonsche Therapie und Hypnosetherapie bezüglich ihres Bestandes an Interventionsformen nicht deckungsgleich sind, ist es daher schwierig die Ericksonsche Therapie als eine eigenständige Therapieform zu beschreiben, die als Hypnosetherapie bezeichnet werden könnte. Dennoch hat gerade die Hypnosetherapie von seinen innovativen therapeutischen Arbeit profitiert.
Die Ericksonsche Arbeit mit Hypnose wird häufig als Gegenentwurf zur sogenannten klassischen, autoritären Form der Hypnose gesehen. Dies ist aber nur teilweise berechtigt. Erickson konnte - wenn es "paßte" - durchaus autoritär sein und setzte auch oft direkte Suggestionen ein wie Therapeuten berichten, die z.T. über Jahrzehnte mit Erickson und seiner Arbeit vertraut waren (Jay Haley, Kay Thompson, Robert Pearson, Ernest Rossi) 2).
Literatur:
1) Haley, J. (Hrsg., 1967). Advanced techniques of hypnosis and therapy. Selected papers of Milton H. Erickson, M.D. New York: Grune & Stratton.
2) Hammond, D.C. (1986). Mythen um Erickson und Ericksonsche Hypnose. Experimentelle und Klinische Hypnose, 2, 5 - 16.