Krafft-Ebbing und Wagner-Jauregg

Richard Freiherr von Krafft-Ebing (1840-1902)

Wie in Deutschland waren es auch in Österreich einflußreiche Mediziner, die der Hypnose zu Ansehen und Seriosität verhalfen. Dabei ist insbesondere Richard Freiherr von Krafft-Ebing (1840 - 1902) zu nennen, der u.a. mit seinem Hauptwerk "Psychopathia sexualis"als Begründer der modernen Sexualpathologie gilt (Die Begriffe Sadismus und Masochismus wurden von ihm geprägt). Krafft-Ebings Interesse an Hypnose war ebenfalls durch die Darbietungen des Magnetiseurs Hansen wachgerufen worden. Neben dem therapeutischen Potential der Hypnose interessierten auch ihn die physiologischen Effekte der Hypnose. In seinem Buch " Eine experimentelle Studie auf dem Gebiete des Hypnotismus nebst Bemerkungen über Suggestion und Suggestionstherapie" von 1893 veröffentlichte er seine Experimente mit Ilma Szandor, einer hysterischen Patientin, bei der allein mittels hypnotischer Suggestionen die Bildung von Blasen auf der Haut und Hautrötungen erzeugt wurden 1). In diesem Buch berichtet er auch über die erfolgreiche hypnotische Behandlung einer 18jährigen hysterischen Patientin (hysteria gravis).

Ein weiterer wichtiger Vertreter der "etablierten" Medizin im Österreich jener Zeit, der mit Hypnose arbeitete, war der Psychiater Wagner-Jauregg, der 1927 den Nobelpreis erhielt (er entdeckte die heilende Wirkung von Fieberanfällen bei Paralyse). Das folgende Zitat von Wagner-Jaurreg charakterisiert das damalige Verständnis der Beziehung zwischen Therapeut und Patient bei einer Hypnosebehandlung. Die Wirkung von Suggestionen beschreibt Wagner-Jauregg als "die kritiklose Übernahme von Vorstellungen durch einen Menschen aus dem Bewusstsein des anderen, nur aus dem Grunde, weil er an die Überlegenheit der anderen Persönlichkeit glaubt und daher geneigt ist, das ihm von dem anderen Vorgestellte als wahr hinzunehmen" (zitiert nach Walter & Martin, 2002, p. 188)2). Wie bei den Mesmeristen und Magnetisten um 1800 ist es also auch hier eine von außen wirkende Kraft, die den Patienten in Hypnose versetzt. Nur ist es jetzt nicht mehr die quasi-physikalische Energie des Magnetismus, sondern die "mächtige Therapeutenfigur"; eine Vorstellung, die spätestens mit dem ressourcenorientierten Ansatz Milton Ericksons aufgegeben wurde.
In die hier angesprochene Phase der Hypnose in Österreich fällt auch die Beschäftigung Sigmund Freuds mit der Hypnose wie der entsprechende Beitrag im vorhergehenden Saal 7 unseres Museums beschreibt.

Literatur:
1) von Krafft-Ebing, R. (1893). Eine experimentelle Studie auf dem Gebiete des Hypnotismus nebst Bemerkungen über Suggestion und Suggestionstherapie. Stuttgart: Ferdinand Enke.
2) Walter, H. & Martin. M. (2002). Zur Geschichte der Hypnose in Österreich. Hypnose und Kognition, 19, 177 - 195.